Digitale Tools und das Urheberrecht

Was Lehrkräfte bei der Verwendung digitaler Lernmedien urheberrechtlich beachten müssen erläutert Antonia Dufeu, Rechtsanwältin aus Mainz.

Hinweis: Aufgrund jüngerer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gibt es eine neue Auslegung des Gesamtvertrags (siehe EPOS "Urheberrecht: Zulässige Nutzungen in Schulen; Gesamtverträge" vom 5. Juli 2022), wodurch insgesamt eine großzügigere Nutzung von fremden Inhalten möglich wird. Eine Aktualisierung der hier dargestellten Informationen im Text wird erst erfolgen, wenn Klarheit bzgl. der weiteren Gültigkeit der Gesamtverträge herrscht. Die Übersichtstabelle steht jedoch bereits in der aktualisierten Form am Ende des Texts zum Download bereit und kann gerne als Orientierungshilfe verwendet werden.

 

Der richtige Umgang mit geistigem Eigentum stellt viele Lehrkräfte vor besondere Herausforderungen. Dabei geht es nicht nur um die Verwendung fremder Inhalte im (analogen) Unterricht. Es betrifft auch den Gebrauch von Lerninhalten auf Lernplattformen und anderen digitalen Tools und die Frage, welche Nutzungen überhaupt erlaubt sind. Dieser Blogbeitrag soll mit Fokus auf digitale Apps und Lernplattformen Klarheit darüber verschaffen, wie das Urheberrecht beim Einsatz digitaler Medien zu behandeln ist.

Für Lehrkräfte gibt es viele Möglichkeiten, ihren Unterricht um digitale Werkzeuge zu ergänzen. Lernplattformen wie Moodle werden im Unterricht integriert, Aufgaben ins schuleigene Portal geladen oder es wird mit Hilfe von Apps in Tablet-Klassen gelernt. Inzwischen ist auch im Schulgesetz (SchulG) verankert, dass Lehrkräfte zur Erfüllung ihres Auftrages digitale Lehr- und Lernsystem nutzen können (§ 1 Abs. 6 SchulG).

Das Digitale Kompetenzzentrum im Pädagogischen Landesinstitut informiert auf seinen Seiten zu „E-Learning in Landeslösungen“ und bietet Anleitungen zu verschiedenen digitalen Werkzeuge an.

Möchte eine Lehrkraft mit Hilfe einer Lernplattform, einer Videokonferenz, oder einer App den Unterricht gestalten, sollte sie die verwendeten Inhalte zunächst selber produzieren. Möchte sie fremde Inhalte integrieren, muss das Urheberrecht beachtet werden. Die hierfür in Schulen geltenden Regeln befinden sich im § 60a Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Urheberrechtsgesetz (UrhG). Um noch mehr schulische Nutzungen von fremden Werken zu ermöglichen, wurden sog. Gesamtverträge zwischen den Ländern und den Verlagen geschlossen, die weitere Nutzungen zulassen. Für digitale Lerninhalte ist besonders der Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen aus der öffentlichen Zugänglichmachung und der öffentlichen Wiedergabe nach § 60a UrhG für die Nutzung an Schulen vom 19. Dezember 2019 wichtig sowie Baustein 5.1 – Nutzung von Filmen, Unterrichtsfilmen, Bildern, Musik, Websites im Unterricht.

Lehrkräfte müssen zwischen fremden, also nichtschulischen Werken, und schulischen Werken unterscheiden.

Verwendung nichtschulischer Werke

Nichtschulische Werke sind Sachbücher, Romane, wissenschaftliche Ausgaben oder auch Pressebeiträge, also alle Werke, die nicht für den Schulbereich gedacht sind. Von solchen Werken können Lehrkräfte für den eigenen Unterricht bis zu 15 % nutzen. Das heißt, sie dürfen Auszüge aus Romanen oder aus wissenschaftlichen Zeitschriften für digitale Medien verwenden. Zu beachten ist die Pflicht der Quellenangabe.

Außerdem ist es zulässig sog. „Werke geringen Umfangs“ zu verwenden, hierzu gehören nicht nur Noten (im Umfang von maximal 6 Seiten) sondern auch sonstige Druckwerke (im Umfang von maximal 25 Seiten), beispielsweise wissenschaftliche Ausgaben oder Fachzeitschriften. Ausgenommen hiervon sind Zeitungsartikel, diese dürfen nur auszugsweise (15 %) benutzt werden.

Auch die Nutzung von Filmen und Musikstücken (mit maximal 5 Minuten Länge) ist erlaubt. Sollen Bilder, Fotos und sonstige Abbildungen verwendet werden, ist dies ebenfalls gestattet.

Verwendung schulischer Werke

Möchten Lehrkräfte schulische Werke also Lehrbuchinhalte, schulische Arbeitsblätter oder auch digitale Inhalte verwenden, müssen sie hierfür die Einwilligung der Urheberin oder des Urhebers bzw. der Verlage einholen. Auch wenn es sich um digitale Inhalte aus Apps oder anderen Anwendungen handelt, sollten immer die Lizenzbedingungen geprüft werden. Viele Verlage haben hierfür bereits eigene (kostenpflichtige) Lizenzmodelle entwickelt.

Eine Verwendung schulischer Werke ist außerdem im Rahmen des Zitatrechts, § 51 UrhG zulässig. Dabei kommt es darauf an, dass

  • ein eigenes urheberrechtlich geschütztes Werk vorliegt,
  • der Umfang der Verwendung des fremden Werkes angemessen ist,
  • eine Zweckbindung (also ein innerer Zusammenhang zwischen zitiertem und eigenem Werk) besteht und
  • die Quelle korrekt angegeben ist.
OER - Open Educational Resources

Eine Alternative zu den nur begrenzt nutzbaren Lehrbuchinhalten bieten Open Educational Resources, OER: Dabei handelt es sich um für jedermann zugängliche Lehr- und Lernmaterialien, bei denen das Teilen und die Weiterentwicklung der Materialien im Vordergrund stehen. Lehrkräfte können entworfene Materialien weiterentwickeln, überarbeiten und in ihrem Unterricht einsetzen, ohne dass es der komplizierten Regelungen des Urheberrechts bedarf. Dies entspricht dem Grundsatz, dass Schulen freier Zugang zu Bildung und Kultur ermöglicht werden soll.

Gleichzeitig wird durch die Freigabe eigener Inhalte ein allgemein zugänglicher Materialpool geschaffen. Denn die unter OER veröffentlichten Materialien werden unter Bedingungen bereitgestellt, die eine Weiterbearbeitung und Weitergabe ermöglichen sollen.

Um auch hier Regeln und Verbindlichkeit zu erreichen, kann man OER unter der inzwischen bekannten Creative Commons Lizenz (CC-Lizenz) veröffentlichen. Mit einer CC-Lizenz versehene Inhalte können freier und einfacher verwendet werden, als das Urheberrechtsgesetz es vorsieht. Es werden kostenlose, einfach zu verstehende und standardisierte Lizenzverträge zur Verfügung gestellt, um zu ermöglichen, eigene Bedingungen zu gestalten. So entscheidet jede Urheberin und jeder Urheber selbst, ob und in welcher Weise Inhalte geteilt, bearbeitet oder weiterverwendet werden.

Gemeinfreie Werke

Darüber hinaus sind gemeinfreie Inhalte ebenfalls unproblematisch verwendbar. Gemeinfrei sind Werke wie Urteile oder andere amtliche Werke (§ 5 UrhG) oder solche, die keine kreative Eigenart besitzen (§ 2 Abs. 2 UrhG). Auch Werke deren Urheberin oder Urheber bereits 70 Jahre verstorben sind (§ 64 UrhG) gehören dazu. Solche Werke dürfen in jeder Art und Weise für die Schule genutzt werden.

Fazit

Die Verwendung von fremden Inhalten in digitalen Anwendungen ist nicht unproblematisch, besonders bei schulischen Werken müssen die Rechte der Verlage gewahrt werden. Nichtschulische Werke können im Umfang von 15 % oder auch vollständig verwendet werden, wenn es sich um kleinere Werke handelt.

Folgende Werke dürfen in digitalen Anwendungen und Apps vollständig genutzt werden:

  • Noten im Umfang von maximal 6 Seiten,
  • sonstige Druckwerke im Umfang von maximal 25 Seiten,
  • Filme und Musikstücke mit maximal 5 Minuten Länge sowie
  • Bilder, Fotos und sonstige Abbildungen.
Nicht genutzt werden dürfen
  • Werke für den Unterrichtsgebrauch (also Schulbücher und Unterrichtsmaterialien) sowie
  • Pressebeiträge (diese dürfen nur auszugsweise (15 %) genutzt werden)

Siehe hierzu: § 2 Abs. 3 des Gesamtvertrages öffentliche Zugänglichmachung und öffentliche Wiedergabe und vergleiche EPos-Brief des Ministeriums für Bildung zum Urheberrecht vom 10. Februar 2020.

Quellen und Links

Baustein 5.1 – Nutzung von Filmen, Unterrichtsfilmen, Bildern, Musik, Websites im Unterricht

Digitales Kompetenzzentrum: E-Learning in Landeslösungen

Anlage zum EPoS-Schreiben des Ministeriums für Bildung vom 5. Juli 2022
„Urheberrecht: Zulässige Nutzungen in Schulen; Gesamtverträge“

  • Übersichtstabelle zu zulässigen Nutzungen in Schulen
    „In der Übersicht sind die Neuerungen markiert. Die übrigen Regelungen bestehen unverändert fort.“
    Abrufbar unter lokaler Download

Anlagen zum EPoS-Schreiben des Ministeriums für Bildung vom 10. Februar 2020
"Urheberrecht: Zulässige Nutzungen in Schulen; Gesamtverträge", siehe Markierung auf Seite 3

  • Übersichtstabelle zu zulässigen Nutzungen in Schulen
    Abrufbar unter lokaler Download
  • Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen aus der öffentlichen Zugänglichmachung und der öffentlichen Wiedergabe nach § 60 a UrhG für Nutzungen an Schulen vom 19. Dezember 2019
    Abrufbar unter lokaler Download
  • Gesamtvertrag Vervielfältigungen an Schulen vom 20. Dezember 2018
    Abrufbar unter lokaler Download